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Sunday, 24 July 2011

Vorversuch 1 (44 [161r, xlj] Ein condimentelin // Schalotten-Minz-Soße) [24.07.2011] / First Tests 1 (44 [161r, xlj] Ein condimentelin // shallot-mint-sauce) [05.08.2011]

In der Kategorie der Vorversuche möchte ich eine Auswahl an von mir durchgeführten Kochversuchen inklusive Bildern wiedergeben. Dabei arbeite ich meist mit modernen Zutaten und heutigem Küchenzubehör. Da es mir in der Regel in diesem frühen Stadium der Experimente um einen ersten Geschmackseindruck geht, können Teile des gesamten Gerichts aus modernen Zutaten oder Zubereitungen bestehen. Auch dienen die Vorversuche dazu, ein Gefühl für die Zusammenstellung der Rezepte zu entwickeln, die Arbeitsabläufe zu trainieren und mehr Küchenroutine zu erlangen.
Die Übersetzung wurde von mir selbst durchgeführt. Bei Begriffen mit unklarer Übersetzung wurden, wie an den Fußnoten erkenntlich, Vergleiche mit Übersetzungen anderer Autoren einbezogen.

In the category of first tests I want do show a selection of cooking experiments I have already carried out. The presentation will include detailed photographic documentation of all steps. Here  I  mostly use modern ingredients and equipment. In this early stage of experimentation I try to get first impressions of the taste of prepared food, so parts of the dish will sometimes consist of modern ingredients or preparations. This part of the process is important to develope a better sense for the composition of recipes, to train the sequence of operations and to get more routine in cooking.
The translations of the original texts have been made by myself. Unclear terminology has been translated with the aid of comparison with the work of other authors which is marked by footnotes.

Transskription nach / Transcription after: Das Bůch von gůter spîse. Faksimile von Tupperware Deutschland. Frankfurt 1993.

xlj Ein c<on>dimentelin·/
[N]im rintfleiſch als ez erſt zv<o>/
kumt ſudez mot ſaltzez wol nim/
aſchlauch vn<d> minzen dar zv<o> des/
krutes nim genu<o>c laz ez wol ſie/
den in eime veizſten ſode vn<d> reiz//
ſwie du wilt vn<d> gibz hin·/

Nimm Rindfleisch das man am Ehesten zur Verfügung hat / als Erstes findet[1] / frisch geschlachtet[2] / welcher Art auch immer[3], koch es mürbe[4] / koch es gut[5], salze es gut, nimm Schalotte und Minze dazu. (Von) diesem Kraut nimm genug, lass es gut sieden in einer fetten Brühe und bereite es wie du willst und gib es hin.

Take beef which kind you have ready / can find first[1] / freshly slaughtered[2] / whatever kind it is[3], cook it soft[4] / cook it well[5], salt it, take shallot and mint there for. (Of) this herb take enough, let it seeth well in rich broth and dress it as you like and serve.

für 2 Personen:
Rindfleisch für 2 Personen, möglichst durchwachsen oder Suppenknochen und Suppenfleisch
eine starke Prise Salz, etwas Pfeffer
eine halbe mittelgroße Zwiebel oder eine große Schalotte
ein größerer Zweig Minze (z.B. Black Spearmint)
so viel Wasser oder Brühe, dass das Fleisch gerade bedeckt ist
eventuell etwas Weißbrot oder Ei zum Eindicken

for 2 people:
beef for 2 persons, preferably with fat running through or bones and meat for soup
one big pinch of salt, a bit of pepper
one half medium sized onion or one big shallott
one bigger twig mint (e.g. black spearmint)
as much water or rich broth to cover the meat

optionally white bread or an egg for thickening


     Das Fleisch waschen und in einem Topf gerade bedeckt mit Wasser oder fetter Brühe und reichlich Salz aufkochen lassen.

Wash the meat and let it boil in a pot covered with salted water
Das Rindfleisch vor dem Waschen.
The beef before washing.
Hinzugeben des Salzes.
Adding the salt.
Aufgießen mit Wasser.
Pouring in the water.
Nach ca. 10. Min. den Schaum mit dem aufgeschwemmten Schmutz abnehmen oder das Kochwasser abgießen und das Fleisch mit neuem ansetzen.

Take off the foam with the dirt or pour the cooking water away and put in new salted water after about 10 min. of cooking.

Das Fleisch scheint sehr frisch gewesen zu sein, daher bildete sich viel Schaum.
The meat seems to have been quite fresh, so there is a lot of foam developing.
Abnehmen des Schaumes.
Taking off the foam.
Schaum mit Schmutzpartikeln.
Foam with particles of dirt.
Rinderbrühe und Fleisch ohne Schaum.
Beef stock and meat without foam.

Ca. 1 1/2-2 Stunden bei schwacher Hitze köcheln lassen. Die halbe Zwiebel in Würfel schneiden, die Minze fein hacken und zum Rindfleisch geben.

Seeth for about 1 1/2-2 hours. Cut the onion in dices, chop the mint and add it to the beef.

Gehackte Zwiebel und Minzzweig.
Chopped onion and mint twig.
Die Zutaten werden zur Brühe gegeben.
The ingredients are added to the broth.

Weitere 15-20 Min. bei niedriger Hitze kochen.

Let seeth for another 15-20 min.

Fertig gekochte Brühe.
Finished broth.

Die Würzsoße kann zusätzlich eingedickt und mit oder ohne Rindfleisch serviert werden. Dazu z.B. je nach gewünschter Konsistenz 1-3 Scheiben Weiß- oder Toastbrot in Würfel schneiden, im Mörser zu Mehl zerstoßen und unter die Brühe rühren. Danach nochmals kurz aufkochen lassen. Sie eignet sich für eine Vielzahl an Gerichten.

The condiment can optionally be thickend and served with or without the beef. To thicken add 1-3 slices of tried white bread or toast cut to dices, pound it in a mortar and mix with the broth. After that let it shortly boil again. This sauce is suitable for a variate of dishes.

Die Weißbrotwürfel werden im Mörser zerstoßen...
The white bread dices are pounded in a mortar ...
... bis sie fein zerkleinert sind.
...until they are finely crushed.
Hinzufügen des Weißbrotes.
Adding the white bread.
Das zart gekochte Fleisch auf dem Schneidebrett ...
The soft boiled meat on the cutting board ...
... wird zu Würfeln zerteilt.
... is cut into dices.
"condimentelin" angerichtet auf modernen Nudeln.
"condimentelin" dressed on modern noodles.

Anmerkungen:

      Das von mir verwendete Rindfleisch habe ich nicht selbst gekauft, sondern es wurde mir zur Verfügung gestellt. Es scheint sehr frisch gewesen zu sein und enthielt noch relativ viel Blut. Daher schäumte das Kochwasser beim Aufkochen stark und der Schmutzpartikel, Eiweiß und Blut enthaltende Schaum musste mehrmals abgeschöpft werden. Fleisch frisch geschlachteter Tiere eignet sich hier daher meiner Ansicht nach nur wenig. Das in historischen Rezepten angeführte (kurze) Vorkochen und dann Wegschütten des ersten Kochwassers könnte demselben Zweck dienen, wie das später empfohlene und bis heute in der feineren Küche übliche Abschöpfen des Schaumes. Hierdurch wird die Brühe klarer und Schmutzpartikel - trotz Waschen zurückgebliebene Blutreste oder Knochenreste vom Zerlegen u.ä. - können auf einfache Weise entfernt werden.
     "Mot" könnte entweder mit mürbe oder weich übersetzt werden. Ebenfalls kommt die Deutung Weiss-Adamsons in Frage, nach der es sich um einen Abschreibefehler für "wol", d.h. "wohl", "gut" oder "lange genug" handelt. Beide Übertragungen enthalten im Kern dieselbe Grundaussage: das Fleisch soll so lange gekocht werden, bis es zart ist.
      Das Fleisch sollte relativ stark marmoriert sein oder, wie im Rezept vermerkt, in einer sehr fetten Brühe gekocht werden, da es sonst zwar zart wird, aber zum Trockenwerden tendiert.
      Eine halbe Zwiebel wurde verwendet, da gerade keine Schalotten zur Verfügung standen. Außerdem hat die Untersuchung des "Buoch von guoter spise" gezeigt, dass es sich bei den angegebenen Zutaten meist eher um Vorschläge handelt und sie durch andere ersetzt werden können.
      Wie der Wortlaut angibt, kann das Rezept variiert werden, wie man möchte. Dem Namen "condimentelin" nach handelt es sich um eine Würzbrühe. Wie für Soßen der Zeitstellung üblich, kann sie entweder dünnflüssig oder, wie in anderen Rezepten aus dem "Buoch von guoter spise", mit Weißbrot oder Ei eingedickt angerichtet werden. Was mit dem Fleisch geschehen soll bleibt ohne Erwähnung. Ich habe die Brühe mit einer Scheibe Toastbrot leicht eingedickt und das Fleisch in Würfel geschnitten und zusammen mit der Soße auf den Nudeln angerichtet. Das "condimentelin" dürfte sich ohne oder mit Fleischeinlage als Beilage zu Rinderbraten, Wild, verschiedenen Fleischpasteten, Teigwaren oder gekochtem Getreide eignen. Wegen der Grundzutat Rindfleisch ist es nicht für die Fastenzeit geeignet. Wenn das Soßenfleisch nicht verzehrt werden soll oder separat aufgetragen wird, können auch Suppenknochen, Beinscheiben oder anderes eigentlich für Suppen vorgesehenes Fleisch verwendet werden.
     Ich habe das Gericht mit moderne Nudeln und einen klassischen Möhren-Rohkostsalat als Beilagen angerichtet.

Remarks:

The used beef has not been purchased by me but placed to my disposal. It seems to have been quite fresh and it still contained relatively much blood. Therefore it emitted much foam containing particles of dirt, blood and protein. The foam had to be removed several times. Hence meat of freshly slaughtered animals doesn't seem suitable here. The (short) pre-cooking in historic recipes and pouring away of the first broth could have the same effect as taking off the foam which is recommended in later cookbooks and practiced until today. The broth gets cleared and particals of dirt that have not been removed by washing - blood and bone shreds from dissecting the animal - are cleared away.
     The term "mot" could be translated as mellow or soft. Weiss-Adamson states it is a corruption of "wol" which means "well", "good" or "long enough". No matter which translation is the case: all interpretations mean "boil until it is soft".
     The beef has to be veined with fat or to be boiled in a very rich broth or it tends to get dry.
     I used half an onion because I didn't have a shallot. On the otherhand the "Buoch von gouter spise" often states that ingredients could be changed if necessary. So the recipes are more likely suggestions than actual instructions.
     As the recipe states it can be varied as the cook likes. The word "condimetelin" stands for condiment or spicy sauce. As customary for sauces of the time it may optionally be thickend with white bread or egg. It is not mentioned what to do with the meat. The dish can be served with or without it. I thickend it with toast and cut the beef in dices for dressing it on modern noodles. The "condimentelin" is suitable with or without meat for all kinds of roast beef, game, meat pastries, noodles or porridges. Because of the main ingredient "beef" it can't be served on lenten days. If the beef is not considered for eating the broth can be made with bones and meat for soups.
     I served the dish with modern noodles and a salat made of raw carrots.
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[1] Eigene, quellen-nähere Interpretationen. Own translation, more closely to the source.

[2] Hajek 1993: Das Bůch von gůter spîse. Faksimile von Tupperware Deutschland. Frankfurt 1993. S. 58, Worterklärungen nach Hajek / word explanations by Hajek.

[3] "whatever kind it is" in: Weiss-Adamson 2000: Weiss-Adamson, Melitta: Daz bůch von gůter spise. (The Book of Good Food). A Study, Edition and English Translation of the Oldest German Cookbook. Medium Aevum Quotidianum, Sonderband IX. Krems 2000. S. 101.

[4] Hajek 1993, S. 58.

[5] "mot" verschrieben von "wol", aus Parallelüberlieferung / "mot" corrupted from "wol", taken from parallel tradition in: Weiss-Adamson, S. 101 Anm. 22.