Pages

Friday 21 January 2011

Exposé (Deutsch)

Kurzexposé zum Dissertationsprojekt
„Culina Historica - Möglichkeiten und Grenzen der Rekonstruktion
einer historischen Geschmackswelt“
Von Andreas Klumpp M.A.



Seit dem 18. Jahrhundert haben Linguisten und Historiker eine gute Anzahl an historischen Rezeptsammlungen ediert.[1] Schon früh versuchte man sich einen Eindruck vom Geschmack historischer Gerichte zu verschaffen. Daher verfassten Fachleute und Laien Kochbücher mit Interpretationen mittelalterlicher Rezepte.[2] Da diese an den heutigen Geschmack angepasst und moderne Zutaten verwendet wurden, beschäftigt mich schon lange der Gedanke, welche Möglichkeiten und Grenzen eine möglichst quellennahe Umsetzung der Kochanweisungen und die Verwendung historischer Zutaten zur Rekonstruktion der Geschmackswelt des Spätmittelalters bieten. Die zeitliche Eingrenzung des Themas ist durch die Quellenlage bedingt. Wegen der größeren Verschriftlichung der Gesellschaft, liegen für das Spätmittelalter mehr Schriftquellen vor als für die Zeit davor.
     Im Zuge meiner Dissertation soll ein Einblick in die Quellenbasis gegeben werden. Hier stehen die überlieferten Rezeptsammlungen im Mittelpunkt, aus denen eine Auswahl an Rezepten getroffen werden soll. Um dem damaligen Geschmack näher zu kommen, suche ich nach möglichst zeitgenössischen Zutaten, die im Rahmen von Kochversuchen benötigt werden.[3] Hier, wie auch in den nachfolgenden Punkten, soll vor allem die Frage untersucht werden, welche Probleme auf dem Weg der Rekonstruktion auftreten und ob vertretbare Lösungsansätze gefunden werden können.
     Da sich historische Kochanweisungen von heutigen Rezepten unterscheiden, ergeben sich Unsicherheiten, die mit Hilfe der Linguistik, kontemporärer Menüpläne, Gesundheitslehren und weiterer Quellen möglichst eingegrenzt werden müssen.[4] Dennoch bleiben viele Unklarheiten bestehen, die zu verschiedenen Ausführungen bei der Zubereitung führen können. Auch soll im Rahmen des Projektes der Einfluss der Kücheneinrichtung und des -inventars auf Zubereitungsmethoden und Geschmack dargestellt werden.[5] Zum einen soll der Unterschied zwischen den einzelnen historischen „Landesküchen“ und heutigen Gewohnheiten greifbar gemacht werden.[6] Zum anderen möchte ich ermitteln ob und wie sich der Geschmack durch Verwendung historischer Zutaten und Kücheneinrichtungen im Vergleich zum Einsatz heute verbreiteter verändert. Auch sind Experimente mit Gewürzen geplant, die zur Untersuchung des Einflusses von Lagerung und Transport auf den Geschmack dienen sollen.
     Bisher habe ich mich neben dem Sichten der Forschungsliteratur auf die Suche nach Editionen historischer Rezeptsammlungen gemacht. Des weiteren habe ich Kontakt zu verschiedenen Fachwissenschaftlern aufgenommen und konnte das Fränkische Freilandmuseum Bad Windsheim als Ort meiner Kochversuche gewinnen. Zudem ist eine Zusammenarbeit mit anderen Forschern, Vereinen und Organisationen, die sich in Bestandserhaltungsprogrammen für historische Kulturpflanzen und -tiere sowie mit der Erhaltung traditionell produzierter Lebensmittel beschäftigen, geplant.[7] Das Projekt wird an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg durchgeführt und betreut durch Prof. Klaus van Eickels, Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte, und Prof. Ingolf Ericsson, Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit.


[1] Nach Redon, O./ Sabban, F./ Serventi, S.: Die Kochkunst des Mittelalters wiederentdeckt für Genießer von heute. Frankfurt a.M. 1993, 13, sind noch über 100 Rezeptsammlungen und Kochbücher des Mittelalters erhalten. Siehe auch: Winter, J. M. van: Kochbücher. Lexma V, Sp. 1245f. Zu deren Rezipienten: Hundsbichler, H.: Nahrung. In: Kühnel, H. [Hrsg.]: Alltag im Spätmittelalter. Augsburg Lizenzausgabe 2003, 196-231, hier 230f; Winter, J. M. van: Kochen und Essen im Mittelalter. In: Herrmann, B. [Hrsg.]: Mensch und Umwelt im Mittelalter. Stuttgart 2. Auflage 1986, 88-100; dies.: Spices and Comfits. Collected Papers on medieval Food. Blackawton 2007, 33f, 36-40, 61-63.
[2] Z.B.: Black, M.: Küchengeheimnisse des Mittelalters. Würzburg 1998; Ehlert, T.: Kochbuch des Mittelalters. Rezepte aus alter Zeit. Düsseldorf, 2000; Redon (1993). Fahrenkamp, H. J.: Wie man ein teutsches mannsbild bey Kräfften hält. Muro/ Mallorca 2009; Lutz, P.: Mein New Kochbuch. Würste vom Salm, Salbeimäuschen und weitere Rezepte aus der mittelalterlichen Burgküche. Nidderau 2005.
[3] Z.B.: Körber-Grohne, U.: Nutzpflanzen in Deutschland. Von der Vorgeschichte bis heute. Hamburg Lizenzausgabe o.J. der Auflage 1995; Pasda, K.: Tierknochen als Spiegel sozialer Verhältnisse im 8.-15. Jahrhundert in Bayern. Praehistorika, Monographien 1. Erlangen 2004.
[4] Z.B.: Hirth, W.: Die Diätetik im Kochbuch des Küchenmeisters Eberhart von Landshut und eine deutsche Regel der Gesundheit nach Arnold de Villanova. Ostbairische Grenzmarken, Passauer Jahrbuch für Geschichte, Kunst und Volkskunde. Passau 1966, 273-281; Laurioux (1992), 12f., 18-28, 33-59, 126-133; Dünnebier, A./ Paczensky, G. von: Kulturgeschichte des Essens und Trinkens. München, genehmigte Sonderausgabe 1999 der Ausgabe 1994, 141-152, 493-497; Ehlert (2000), 9-11, 13-24; Hundsbichler (2003), 229f; Winter (2007), 42, 59f, 104f, 341-360.
[5] Ehlert (2000), 22f.; Rumm-Kreuter, D.: Heizquellen, Kochgeschirre, Zubereitungstechniken und Garergebnisse mittelalterlicher Köche. In: Bitsch et al. (1997), 227-244; Klein U./ Jansen, M./ Untermann, M. [Hrsgg.]: Küche – Kochen – Ernährung. Archäologie, Bauforschung und Naturwissenschaften. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, 19. Paderborn 2007; Kaspar, F.: Feuerstelle und Herd. Die Herstellung von fester und flüssiger Nahrung für den Haushalt: Kochen und Bierbrauen. In: Klein (2007), 233-246; Laurioux (1992), 95, 99; Redon (1993), 31f.; Hundsbichler (2003), 196f.
[6] Adamson, M. W. [Hrsg.]: Regional cuisines of medieval Europe. A book of essays. Routledge medieval casebooks. New York 2002; Laurioux (1992), 13, 35, 36-52; Hundsbichler (2003), 230f; Winter (1986), 95-106; dies. (2007), 33-40, 58f, 67-79. Menüfolgen: Redon (1993), 23-26, 67-71; Ehlert (2000), 235; Bitsch et al. (1997), 9, 277-293.
[7] Z.B.: http://www.arche-noah.at/etomite/; http://www.prospecirara.ch/; http://www.oekokreis.org/produkte.html; http://www.monitoring.eu.com/; http://www.slowfoodfoundation.org/eng/arca/lista.lasso.

No comments:

Post a Comment